Stochastische Musik

Definition
// Wikipedia

Stochastische Musik
 

„[…] ist eine Bezeichnung für musikalische Kompositionsverfahren, bei denen stochastische Prozesse benutzt werden (vergleiche Aleatorik). Der Begriff geht auf den Komponisten und Architekten Iannis Xenakis (1922–2001) zurück.

Der Kompositionsvorgang basiert bei Xenakis zunächst auf visuellen Formen. Aus diesen leitet er Formeln und Kombinationswege ab, um sie dann durch den Einsatz zum Beispiel einer Rechenmaschine in Notenzeichen und Musik umzuwandeln. Hierbei greift er auf Zufallsprozesse, Wahrscheinlichkeitsrechnung und Spieltheorie zurück. Die daraus resultierenden, sich oftmals verformenden Klangbilder vergleicht der Komponist selbst mit Wolken
und Galaxien […].“

 


// Iannis Xenakis
rumänischer Komponist
* 1922  † 2001

Seit 1948 ist Xenakis Assistent des Architekten Le Corbusier und bekommt bis in die 60er Jahre tiefe Einblicke in die Architektur. Sein Interesse an der Mathematik, der Wahrscheinlichkeitsrechnung, Architektur und Musik und deren Interaktion mit unserer physikalischen Umgebung verknüpft Xenakis zu seiner einzigartigen Idee, architektonische Entwürfe und musikalische Partituren in Verbindung zu setzen. Die erschaffene Symbiose zwischen Naturwissenschaften und Musik machen ihn und seine Werke berühmt.

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„Linear polyphony destroys itself by its very complexity; what one hears is, in reality, nothing but a mass of notes in various registers. […] The enormous complexity prevents the audience from following the intertwining of the lines […]. There is consequently a contradiction between the polyphonic linear system and the heard result, which is surface or mass. This contradiction, inherent in polyphony, will disappear when the independence is total. Here, in a few words, is the possible escape route from the ‚linear category‘ in ‚musical thought‘.

 

 

Metastaseis (1954) und The Philips Pavilion (1958)

Geleitet durch den Gedanken, die serielle und für ihn auch stringente lineare Musik aufzubrechen, entstand 1954 Metastaseis. „Diese Musik erklärt sich nicht aus Harmonielehre und Kontrapunkt, sondern aus den Gesetzen der modernen Mathematik und Physik“, urteilte Rudolf Frisius. 3 Das Orchester-Werk ist für 61 selbstständig geführte Stimmen geschrieben worden, welche vielfach aufgefächerte Klangräume erschaffen und für die damalige Zeit einen Höhepunkt der Musikgeschichte bildet. Strukturiert nach mathematischen Ideen (durch Einfluss von Le Corbusier) versucht Xenakis hier die Linearität in der subjektiven Zeiterfahrung relativ zu machen. Durch Ver-
dichtungen von verschiedenen Tempi, Rhythmen, Registern etc. und dem Aufbrechen eines „gemeinsamen Nen-
ners“ aller 61 Stimmen durch Melodie oder anderen Vereinheitlichungen, wird das Stück zu einer sich selbst antreibenden Komposition – ähnlich wie beim Erfahren der Zeit.

Ein paar Jahre später haben Le Corbusier und Xenakis das Konstruktionsmodell von Metastaseis wieder aufgerollt und auf The Philips Pavilion übertragen. Als Ausdruck des Pavillons gelten die hyperbolisch-paraboloiden Formen und dessen fließenden Bewegungen und Körperhaftigkeit. Abgeleitet ist die Architektur von seinem bereits kom-
ponierten Stück und seinen rhythmischen Strukturen (von Raum und Zeit) – ein gutes Beispiel dafür, inwiefern Xenakis Dinge „übersetzen“ und differenziert auslegen kann. Der Bezug zum Thema Zeit bleibt bestehen. 4  5

 

 
 

 

 

Persephassa (1969)

Nicht wie üblich sitzen die Zuschauer vor der Bühne – bei Aufführungen dieses Stückes bilden sie den Mittelpunkt des Raumes, während die sechs Perkussionisten im Hexagon um das Publikum herum angeordnet sind und sie umschließen. Xenakis geht es um die klangliche Bewegung im Raum in Bezug auf das Phänomen Zeit. Die Schlag-
zeuger sitzen durch die Anordnung im Raum weiter auseinander, dadurch überlagern sich weniger Tonfrequenzen und der Klang wird transparenter. Zwischen ihnen wird „Raum“ kreiert, sodass mit der Klangbewegung der gesamte Raum akustisch erfassbar wird. Er nutzt den Raum so, dass alle Zuschauer sich in der „Klangmitte“ befinden und nicht wie üblich jeder einen anderen Höreindruck aufgrund seiner Platzwahl im Zuschauerraum bekommt. 6

 

 

 

 

  1. https://de.wikipedia.org/wiki/Stochastische_Musik
  2. http://www.kyotoprize.org/wp/wp-content/uploads/2016/02/13kC_lct_EN.pdf
  3.  http://www.sr.de/sr/sr2/sendungen_a-z/uebersicht/mouvement/meilensteine/20151203_meilensteine_neue_musik_xenakis_jannis100.html
  4. vgl. http://www.sr.de/sr/sr2/sendungen_a-z/uebersicht/mouvement/meilensteine/20151203_meilensteine_neue_musik_xenakis_jannis100.html
  5. vgl. http://hybridspacelab.net/de/project/iannis-xenakis/
  6. vgl. https://www.adk.de/de/programm/?we_objectID=30353