Über Fotografie

// Susan Sontag

Auszüge aus folgenden Kapiteln:
// In Platos Höhle
// Objekte der Melancholie
// Der Heroismus des Sehens
// Die Bilderwelt

1
„Durch Fotografien wird die Welt zu einer 
Aneinanderreihung
beziehungsloser freischwebender Partikel […].“

Das fotografische Auge ist mittlerweile unersättlich geworden. Durch die Masse an Fotografien, die in den letzten Jahrzehnten entstanden ist, hat sich eine eigene „Ethik des Sehens“ 2 entwickelt. Die Möglichkeit und das Gefühl, alles in der Welt mit der Kamera einfangen zu können, führt zu der Ansicht, parallel auch alles im Gedächtnis abspeichern zu können. Die Kamera dient als Hilfsmittel, tatsächliche Erfahrungen in einer Fotografie abzubilden und festzuhalten. Das produzierte Standbild wird dadurch von einem Bild zum Objekt (der Erinnerung). Fotografien beschreibt Sontag als „Miniaturen der Realität“3, welche einen schmalen Ausschnitt von Raum und Zeit beinhalten. Texte hingegen lassen immer Interpretationsansätze offen. Fotos werden demnach zu Beweismitteln, da sie Situa-
tionen und Momente in ihrer Abbildung bestätigen und Dinge dadurch glaubwürdig machen. Denn das Ereignis hat somit tatsächlich in der Art und Weise stattgefunden. Auch wenn die Kamera Dinge verzerrt, so gleichen die Foto-
grafien ihrem Abbild. Sie sind eine Annäherung an die Wirklichkeit und machen Augenblicke realistisch nachvoll-
ziehbar. Ebenfalls ermöglichen sie eine Beziehung zur Vergangenheit, denn ihr dokumentarischer Charakter lässt die Spuren der Zeit nachvollziehbar und sichtbar machen. 

„Über Fotografie“ weiterlesen

Abfall

Das alternative ABC der neuen Medien
// Roberto Simanowski

1
„Das Problem ist, dass er [der Augenblick] nicht einmal
mehr als Moment des intensiven Selbstgenusses taugt.“

Durch die Schnelligkeit der Dinge im Internet haben wir weniger Zeit für das Komplizierte, denn diese benötigen Zeit. Und „Zeitfresser“ werden in der Gesellschaft so gut wie es geht umgangen. 

Das Smartphone delegiert als digitales, externes Speichermedium, welches „voll von fotografischen Zeugen schöner Momente“ 2  ist. Ganz nach dem Motto Picture or did’nt happen etabliert sich eine Beweis-Kultur, in der das Foto als Bestätigung des Ereignisses fungiert. Dabei steht nicht unbedingt das Foto für das Individuum im Vorder-
grund, sondern eher das Sich-Beweisen-Müssen für das eigene soziales Umfeld. Das Foto als das Medium des Erinnerns weicht dem des Beweisens. 

„Abfall“ weiterlesen

Inwiefern leben wir linear?

Nach der Recherche zum Thema der Linearität in Bezug auf unser Zeitempfinden und der anschließenden Vertiefung in die Musik, musste ich mich neu sortieren und das Themenfeld hinterfragen. Was waren die Kernaussagen des linearen Zeitempfindens bisher in meiner Recherche und inwiefern empfinde ich es selber
in dieser Art und Weise?

Kurz und knapp in einem Modell zusammengefasst hangeln wir uns in der linearen Lebensweise an einer Zeit-
achse entlang. Dabei verstreichen Zeitpunkte kontinuierlich und wiederholen sich nicht. Die Ereignisse selber sind punktuell, zeitarm und wir schwirren von einem Punkt zum nächsten. Die Leere zwischen den Punkten sind Ruhe-
pausen, in denen die vorherige Episode verarbeitet und abgeschlossen werden. Ebenfalls bereiten wir uns auf das Kommende vor und öffnen uns einer neuen Situation. Diese Phasen sind wichtig, um sich zu besinnen und zu reflektieren.

„Inwiefern leben wir linear?“ weiterlesen

ASMR – the unnamed feeling

Definition
// Urban Dictionary
 
Autonomous Sensory Meridian Response (=ASMR)
 

„The sole purpose of ASMR is to relax people. The ASMR community is constantly growing on Youtube. Ideally, ASMR videos are meant to give the viewer a relaxing tingle at the back of their head and/or spine. ASMR videos usually involve one or more of the following things:

Gentle whispering // Relaxing hand movements // Smacking of the lips // Nail tapping/scratching on hard surfaces such as tables // Brushing sounds“

 

„ASMR – the unnamed feeling“ weiterlesen

Duft der Zeit

Ein philosophischer Essay zur Kunst des Verweilen
// Byung-Chul Han

Un-Zeit

1
„Der Zeit fehlt ein ordnender Rhythmus.
Dadurch gerät sie außer Takt.

In Hans Augen ist die Beschleunigung bereits vorbei. Das Empfinden, dass sie noch aktuell ist, beschreibt er als Symptom der temporalen Zerstreuung (Dyschronie). Die Erfahrung von Dauer in Form der Zeit und des Verweilen ist heute kaum bis gar nicht möglich. Die Zeit als solche hat keinen Halt mehr, keinen Rhythmus und ist richtungslos. Die Beschleunigung setzt gerichtete Fließbahnen voraus, welche in der heutigen Zeit nicht gegeben sind. Unsere Gegenwart reduziert sich nur noch auf die Aktualität, denn sie dauert nicht mehr lang an, vergeht schnell und verliert an Substanz. Diese schwindende Dauer wird hier als „Gegenwartsschrumpfung“ betitelt. An dieser Stelle wird auch auf den Unterschied zwischen Erfahrungen und Erlebnissen eingegangen. Während Erfahrungen bzw. Erkenntnisse zeitintensiv sind, da sie einen weiten Zeitraum umfassen, sind Erlebnisse hingegen zeitarm und punktuell. Wichtig ist, dass bei Erkenntnissen die Vergangenheit und die Zukunft eine bedeutende Rolle spielen und sich zwei Zeithorizonten verschränken. Die Kenntnis wird zur Erkenntnis. In unserer heutigen Un-Zeit, so wie Han sie beschreibt, strebt die Gesellschaft kaum mehr nach Erfahrungen, sondern nach extrem vielen Erlebnissen, um eine Fülle an Ereignissen zu erlangen. Doch ein erfülltes Leben lässt sich nicht mengentheoretisch erklären – Erfüllung ist somit nicht kongruent zur Fülle an Ereignissen.

„Duft der Zeit“ weiterlesen

Speed

Auf der Suche nach der verlorenen Zeit
// Florian Opitz

1
„Wir sparen ständig Zeit. Trotzdem haben wir immer weniger.
Warum eigentlich?“ 

Mit dieser Leitfrage beschäftigt sich Opitz in seinem Film und stellt fest, dass sich Menschen der modernen Gesellschaft gehetzt, rastlos und unter permanentem Zeitdruck fühlen. Innerhalb des Filmes trifft und begegnet er unterschiedlichen Menschen, Kulturen und Sachverhalten, die ihm differenzierte und individuelle Standpunkte, Positionen und Lösungswege offenbaren. Drei marginale Ursachen der Beschleunigung fasst Opitz wie folgt zusammen:

„Speed“ weiterlesen

Die Kreativität der Langsamkeit

Neuer Wohlstand durch Entschleunigung
// Fritz Reheis

Reheis gliedert das System, in dem wir leben, in drei unterschiedliche Teilsysteme. Wir als Individuum sind ein Teilsystem der Kultur/Gesellschaft, welches sich wiederum als Teilsystem der Natur platziert. Somit ist das Individuum das kleinste Teilsystem und die Natur das größte. Die Kultur/Gesellschaft sieht Reheis als Vermittler zwischen Natur und Mensch und differenziert dabei die Kultur als System, welches den Außenbezug zur Natur aufnimmt (Mensch-Natur-Verhältnis) und die Gesellschaft, welche den Innenbezug zum Menschen aufweist (Mensch-Mensch-Verhältnis).

„Die Kreativität der Langsamkeit“ weiterlesen

Beschleunigung und Entfremdung

Entwurf einer kritischen Theorie spätmoderner Zeitlichkeit
// Hartmut Rosa

Was genau wird in der modernen Gesellschaft eigentlich beschleunigt? Zeit ist ein konstanter Faktor, welcher nicht beschleunigt werden kann, auch wenn viele das anders empfinden. Lediglich das Tempo alltäglicher Handlungen wird beeinflusst, beispielsweise die Geschwindigkeit des Lebens, der Geschichte, der Kultur, des politischen Lebens und der Gesellschaft.

„Beschleunigung und Entfremdung“ weiterlesen

Müdigkeitsgesellschaft

// Byung-Chul Han

Jedes Zeitalter hat seine Leitkrankheiten. Im 21. Jahrhundert sind es vor allem neuronale Erkrankungen, die sich beispielsweise durch Depression, ADHS, Borderline und Burnout definieren und einen immer größeren Zuwachs an Erkrankten erfahren. Han beschreibt diese Krankheiten als Infarkte, die durch ein Übermaß an Positivität bedingt sind. Die damalige Disziplinargesellschaft, welche von Verboten und Zwängen dominiert wurde, weicht seit dem 21. Jahrhundert der heutigen Leistungsgesellschaft.

„Müdigkeitsgesellschaft“ weiterlesen