Haiku

Der Haiku ist eine traditionelle japanische Gedichtform und ist die kürzeste der Welt. Traditionell sind sie immer dreizeilig und haben in der deutschen Sprache insgesamt maximal 17 Silben. Die Silbenabfolge passt sich der dreizeiligen Form an und wechselt sich zeilenweise mit 5–7–5 Silben ab (vgl. Rhythmus). Kennzeichen dieser Art von Gedichten sind die Konkretheit, der Bezug zur Gegenwart und die Offenheit in Bezug auf das subjektive Empfinden und dessen Interpretierbarkeit. 1

Abgebildet werden einmalige Situationen und/oder Ereignisse, welche als gegenwärtig dargestellt werden. Sie halten Momentaufnahmen auf textlicher Ebene fest, indem Geschehen genau beobachtet und eine Stimmung zum Ausdruck gebracht wird. Gedankensprünge oder neue Ebenen ergeben sich beim Lesen bzw. Leser. Haikus be-
wahren einen spontanen und authentischen Eindruck, sodass das Gedicht zum Augenblick des Lesers wird, in den er eintaucht und ihn selbst erlebt.  2

Auch die Ebene des subjektiven Verständnisses und der Interpretationsmöglichkeiten bleiben in dieser Form völlig offen. Es gibt kein richtig oder falsch, daher kann jeder Zugang zu dieser Art der Poesie gewinnen und sie auf seine eigene Art und Weise verstehen und nutzen.

Die klassischen Haikus beziehen sich auf ein strenges Versmaß durch das Einhalten der festen Silbenform und derer richtigen Abfolge. Durch die gesteigerte Popularität der Gedichtform in der westlichen Welt wurde der Haiku immer moderner und freier interpretiert, sodass teilweise auf die Silbenanzahl verzichtet wurde und lediglich die Dreizeiligkeit als wichtiges Merkmal überlebt hat. 


// Haiku als Methode

  1. Bezug zur Gegenwart
    Einen Haiku zu schreiben bedeutet, den Moment zu intensivieren, sich bewusst die Zeit zu nehmen, ihn zu erleben und zu genießen und den Augenblick zu reflektieren. x
  2. Aktivität
    Anstatt sich vom passiven Flow seines Alltags mitreißen zu lassen, widmet sich das Subjekt aktiv einer Situation, lässt sie auf sich wirken und formuliert sie aus. 

  3. kurz und knapp
    Durch das strenge und begrenzte Versmaß muss auf das Wesentliche in der Aussage reduziert werden, ähnlich wie bei einer zeichenbeschränkten SMS oder bei Tweets. Die Prägnanz des Augenblicks rückt dadurch in den Vordergrund, (für das Subjekt) unwichtige und/oder überflüssige Dinge fallen weg.
  4. subjektives Empfinden
    Das Subjekt identifiziert sich mit dem Schreiben eines Haikus mehr mit der Situation und die Rolle des Ichs bekommt durch die Reflexion seines Selbst eine höhere Gewichtung. Außerdem entsteht eine Vielfalt an Haikus bei ein und demselben Moment, wodurch die Individualität aller Subjekte besonders hervorgehoben wird. 
  5. in Bildern denken
    Einen Haiku schreiben und lesen bedeutet, in Bildern zu denken. Frei von einer linearen Verkettung (vgl. Artikel Inwiefern leben wir linear?)reihen sich Bilder aneinander. Dabei wird der Leser Mitschöpfender. Weil keine wie in der westlichen Welt übliche Syntax vorhanden ist, bedient sich der Haiku eines strengen Versmaßes. 

 

  1. vgl. https://de.wikipedia.org/wiki/Haiku
  2. vgl. https://de.wikipedia.org/wiki/Haiku